Alte Verordnungen
In den Jahren 1819 bis etwa 1830 gehörte das Feldatal zu dem Landratsbezirk Romrod. Von dort aus ergingen an die Bürgermeister der Gemeinden Verordnungen, Gesetze und Erlasse, die zum einen von der Regierung in Darmstadt selbst und zum anderen von der Großherzoglichen Unteren Regierungsbehörde in Gießen weitergeleitet worden waren. Aber auch Weisungen des Landrates selber finden sich sehr häufig. Im Archiv unserer Gemeinde befinden sich mehrere umfangreiche Bücher, in denen handschriftlich diese Verordnungen, Gesetze, Erlasse und Weisungen gesammelt sind. – Einige Beispiele mit besonderem Charakter sollen hier im Originalwortlaut wiedergegeben werden.
Policey Verordnung – 1822
Policey Verordnung welche in dem Landrathsbezirk Romrod zu publicieren ist.
1. Die Wirthe sollen ihre Gäste nicht länger als bis 10 Uhr Abends hegen. Wenn bey einem oder dem andern noch nach 10 Uhr Gäste angetroffen werden, so soll jedesmal der Wirth in 5 fl. (Gulden) Strafe verfallen. Auch sollen die Gäste noch überdieß zur gebührenden Strafe gezogen werden. Jeder Wiederholungsfall wird mit doppelter Strafe belegt. Wenn der Wirt ausbietet und die Gäste folgen nicht, so wird jeder mit Gefängnißstrafe oder 5 fl. Strafe belegt.
2. Alle diejenigen welche mit Kreischen, Jauchzen, Lärmen, Thüren und Lädenschlagen des Abends angetroffen werden, wodurch die allgemeine Ruhe gestört wird, sollen sogleich in Arrest genommen und am folgenden Morgen nicht allein zur Bezahlung der Wachenkosten angehalten, sondern auch noch überdieß mit einer Geld oder Gefängnißstrafe angeschlagen werden eben auch neben den gewöhnlichen Fanggebühren. Wer sich gegen eine Policey Behörde wiedersetzt, wird mit Zuchthaus Strafe belegt.
3. Die Straßen müssen wöchentlich zweymal. nemlick Mittwochen und Samstags gesäubert. und der Koth Kehricht bey Seite geschaft werden. Wer solches unterläßt soll in 15 kr (Kreuzer) verfallen seyn.
4. Zu Winterzeiten soll wenn Glatteiß entsteht jeder Einwohner so weit seine Besitungen reichen sogleich des Morgens besonders einen Fußweg mit Sand, Sägespännen, Knotten oder dergleichen bestreuen, bey Vermeidung vorgedachter Strafe. An keinem Orte wo ein Fußweg oder Fahr Passage herzieht sollen die Buben eine Schleif oder Schlittenbahn und am aller wenigsten am Abend unterhalten bey Vermeidung ernstlicher Bestrafung in der Schul oder bey Amt.
5. Alles Rennen und starke Befahren durch die Straßen mit unbespannten Pferden oder Fahrwesen soll den Einheimischen bey Vermeidung 15 kr Denunationsgebühr und 30 kr Strafe untersagt seyn. Fremde werden sogleich gewarnt. Wer seine Pferde ungekoppelt zur Trenke und Schwemme reitet oder wohl gar ohngeführt
hin treibet verfällt in gleiche Strafe. Ein bespanntes Fuhrgeschirr soll Schlechterdings nicht auf offener Straße stehen gelassen werden, und trägt es sich zu, daß der Eigenthümer oder Knecht sich auf einige Zeit davon entfernen muß so soll es nicht eher geschehen als bis er
a, das vordere Geschir abgehängt und an den Wagen angebunden und
b, und nicht nur den hinteren Gespann eine Zugkette ab, sondern auch das Sattelpferd mit dem Leitseil an den Wagen angezogen hat.
Auch soll nicht gestattet seyn, ein Reitpferd in der Straße anzubinden sondern es soll entweder zu Stall gebracht oder an einem sicheren Ortt angebunden werden wo die Passanten solches nicht mehr zu bestreichen nöthig haben. Fremde sollen auch hierrüber gewarnt werden und Einheimische eben in obige Strafe verfallen seyn.
6. Ein jeder Einheimischer bleibt angewießen
a) eine wohlverwahrte Laterne im Haus zu halten, um solche bey entstehendem Feuer aus zu hängen, theils aber auch zu eichener Vorsicht zu gebrauchen. Wer solche auf Erfrachten nicht vorzeichen kann, der wird so oft daran ein Mangel er scheint neben
Eine alte Reisegenehmigung des Soldaten Johannes Grünewald von Darmstadt nach Felda bei Ulrichstein vom 31. July 1777. Der Soldat mußte zu Fuß gehen.
10 kr Denuniations Gebühren und in 20 kr Strafe notiert.
b) Niemand soll bey Nachtzeit in Scheuern und Stallungen wie auch auf Boden und in denjenigen Gemächern des Hauses, worin nicht geschlafen wird, und in welchen Gefütter, Wolle, Flachs, Gerümpel oder Gemiste und feuerflammende Sachen befindlich sind, mit einem bloßen Lichte gehen, sondern jedesmal wenn es nicht ohne Beleuchtung geschehen kann, mit einer Wohlbewahrten Laterne. Nachtbarn werden verbündlich angewiesen, so oft sie eine Übertrettung dagegen gewahr werden, davon in der Stille Anzeige zu thun. Die Übertretter werden in 5 fl. Strafe notirt.
c) Wer mit Tabachsrauchen an einem dergleichen verbothenen Ortten angetroffen wird, verfällt in gleiche Strafe.
d) Verzüglich wird auch unter gleicher Strafe verboten in den Ofenlöchern und Kamminen Hölz zu dörren.
e) Jedes Hausgesäß soll beständig einen stumpfen Besen in Bereitschaft halten und dafür sorgen daß Morgens und Abends in den Feuerkamminern der Flugruß abgekehrt werde. Die Nachlässigkeit darunter soll mit 10 kr Denunations Gebühr und 20 kr Strafe geahndet werden.
f) Mit gleicher Strafe sollen diejenigen Handwerker, welche im Holz arbeiten und das Licht in ihre Werkstatt bringen, als sie die des Tages über gemachten Spännern bey seite und an sicheren Ortt geschafft haben, belegt werden.
7. Um der allgemeinen Sicherheit willen soll eine Patrouille aus den kürzlich bestimmt werdenden Polizeywache Personal unterhalten und von denselben des Abends unt 10 Uhr an die Wirtshäuser und Straßen visitiert, und auf Ruhe, Ordnung und Sicherheit ein vorzügliches Augenmerk genommen werden, daher dann die Wirthe bei 1 fl. Strafe jedesmal einen Nachtzettel und ein Monatliches Verzeichniß an diejenigen, an den Bürgermeister oder Schultheiß ein zu liefern haben, welche sie beherbergt haben. Der Letztere Gibt sämtliche Nachtzettel nummeriert an den Landrath mit dem Schluß jeden Monats ab. Über alle diese Vorschriften und deren Beobachtung haben die Landdragoner, Landschützen und Policeydiener zu wachen und von Zeit zu Zeit die gesicherten Visitationen zu machen.
8. Wenn Bürgers Söhne oder Handwerks Burschen, Knechte oder Weibspersonen am Abend bey eingetrettener Nacht, wenn es auch vor 10 Uhr ist, in Gesellschaften, die sich über 3 Personen belaufen auf der Straße betroffen werden, so soll jeder 1 fl Strafe erlegen, bey Wiederholung Gefängnißstrafe erleiden, ebenso sollen diese Leute auch bey Tag sich in größeren Gesellschaften ruhig, still und bescheiden verhalten und
9. jeder, der sich bei einem Tumultarischen Auftritt betretten läßt oder der sich untersteht auf öffentlicher Straße einen Einheimischen oder Fremden auf irgend eine Art in solchen Attruppierungen zu beleidigen oder zu mißhandeln, soll arretirt und nach befinden ins Zuchthaus befördert werden.
10. Die Nachtwächter sollet= ihre Stunden richtig abblasen, jeder ihnen nach 101/4 Uhr Abends Begegnenden aufhalten und sobald dem Bürgermeister oder Schultheiß anzeigen.
11. Wer vor beendigten Gottesdienst sonntäglich Gäste hat, wird in 5 fl. Strafe genommen ebenso bei eröfnung eines Kramladens vor dieser Zeit.
12. Das Spielen mit Karten ist zwar solang es bloß ein Zeitvertreib ist erlaubt, jedoch wenn es ein Spiel um solche Summen Geldes ausartet, die dem Zustand der Spielenden nicht angemessen sind, so wird für Spielenden und besonders für den Wirth die schärfste Ahndung erfolgen, und § 7 wird noch bemerkt, die Verordnung wegen Beherbergung fremder verdächtigen Gesindels wird hierdurch wiederholt, und bey vorstehenden Verfügung überall vorbehalten und ausgesetzt.
Sämtliche Bürgermeister und Ortsvorstände haben diese Verfügung sämtlichen Einwohner ohne Unterschied des Alters bekannt zu machen, wie geschehen heirunter zu attestirn und ist solches von letztbetroffenen wieder hierher einzuliefern.
Romrod, 5t. Jan. 1822
Der Landrath
Reise- und Wanderpässe – um 1820
Vom Ghz. Ministerial Department wird Ihnen bereits die Weisung zu gegangen sein daß von Seiten dieses Departments künftig keine Dispensation zum Behuf der Heuraths und Etabilsements Gesuche, noch Wander=Erlaubnisse ertheilt werden; sondern diese Gegenstände zum Resort der Civilbehörde gehören, bei Heurathen macht der Artikel 22 eine Ausnahme in Hinsicht auf Militärpflicht – eine Dispensation von dieser Vorschrift kann ein Statt haben, und es muß den Aufsichtsfähigen, welche die 3 ersten Classe noch nicht passiert haben lediglich überlassen bleiben, ob er auf die in diesem Artikell vorgesehene Art die Hinterniß heben will, welche sich seinem Verheurathen entgegensetzen, in allen übrigen Fällen hat seine Verpflichtung zum Militärdienst keinen Einfluß auf Heuraths und Etaplisements, degelige Gesuche sind daher nach allgemeiner Regell behandeln.
So veil die Reiße und Wanderpässe betrift, hat sich das Großherz.Kriegs-Ministerial Department in einem erneuern Schreiben an uns dahin erklärt, daß Reiße und Wanderpässe für diejenigen welche eine erste Ziehung noch nicht passiert haben, auch für das Ausland ertheilt werden können, wenn die betreffende leute nur zur gehörigen Zeit wieder da sind, und wenn angeordnet wird, daß sie in Ausbleibungsfall Jedenfalls früher oder später von dem Gesetz erreicht werden.
Um Müßdeutungen zu Vermeiden welche aus einer unbedingten Reise und Wander Erlaubnis gefolgert werden können, werden Sie daher die Verfügung, daß diese Erlaubniß für diejenigen, welche die erste Ziehung noch nicht passiert haben, nur bis zur Epoche, wo sie in die Ziehung fallen, ertheilt werden. Sie werden dieselbe zugleich bedeuten, daß wenn Sie sich zur gehöriger Zeit nicht einfinden, oder sich durch einen andern Vertretten lassen, gegen Sie nach der Strenge der Gesetze werden verfahren werden.
Betrifft Sperlinge – um 1820
Gegen die frechen Spatzen, welche zur Landplage geworden waren und große Teile der Fruchternte aufpickten, sollte insoweit vorgegangen werden, als von jedem Haus jährlich eine gewisse Anzahl von Spatzenköpfen abgeliefert werden musste. Wahrscheinlich wurde diese Verordnung nicht immer befolgt, denn es wurde erinnert: „Es muß jeder Hausbesitzer vor Ablauf des Monats Merz 6 Sperlinge nach der Verordnung vom 3. Dez. 1817 an den Ortsvorstand leisten.“