Es brennt …
In einigen Orten brachen immer wieder Brände aus und niemand wusste wieso. Zu alter Zeit war das kein Problem. Man nahm einen mit Runenzeichen verzierten Teller und warf ihn in die Flammen. Der Brand erlosch dann ziemlich schnell; wenn auch manche behaupten, das mit dem Teller sei nur Aberglaube gewesen.
Aber es waren auch noch andere Geister unterwegs. Man konnte sie bannen oder vertreiben, wenn man im Earn (Flur) einen Totenkopf an die Wand gemalt hatte. Es waren unruhige Geister von Soldaten, die unsere Vorfahren ab und zu fangen konnten, dann getötet und unter den Dielen im Haus verscharrt hatten.
Weit oben im Vogelsberg hatte ein Bauer sein Haus verkauft. Seitdem wannerts dort wieder, den er hatte vergessen seinem Nachfolger mitzuteilen, dass er einen Totenkopf an die Wand malen und diesen in jedem Frühjahr erneuern müsse. Es dauert lange, bis sich so ein Brauch vom unteren zum oberen Vogelsberg herumspricht und so hat der heutige Besitzer immer noch mit dem Geist eines erstochenen französischen Soldaten aus dem siebenjährigen Krieg zu kämpfen, den man unter dem Lehmfußboden im Haus begraben hatte.
Sollten aber Seelen von Kindern unter den Geistern sein, so muss man ihnen ein Stück Brot mit einem Kreuz darauf geben. Dann verschwinden sie; aber Vorsicht, es brennt dann wieder!
Für das Wannern sind Geister verantwortlich
Da soll es doch wirklich einmal im Vogelsberg Leute gegeben haben, die viel Geld hatten. Aber sie machten Fehler. Sie gaben das Geld zu Wucherzinsen weiter und sollen von dem übermäßigen Profit ihre Scheuern gebaut haben. Die Strafe folgte, denn nach ihrem Tod irrten ihre Seelen lange im Gebälk umher, bis eine Magd sie sah und voller Entsetzen ins Haus rannte. „In unserer Scheuer wannerts“, schrie sie und dann noch „Ach du allmächtiger Gott!“ Da waren die Seelen erlöst und die Geister verschwunden.
Wildfrauenhäuser
Wenn man an einem der vielen Wildfrauenhäuser die Steine am Eingang auseinander schiebt sind sie am nächsten Tag immer wieder zusammen. Daran sind Geister schuld. Drei arme Vogelsberger waren im Herbst in die reiche Wetterau zum Korndreschen gegangen. Sie hatten hat hart gearbeitet und gutes Geld verdient, als sie sich wieder auf den Heimweg machten. Zwei von ihnen kehrten unterwegs in jedem Wirtshaus ein, der andere mahnte immer wieder zur Eile, um Frau und Kinder bald wieder zu sehen, ihnen endlich ordentliche Mahlzeiten vorsetzen zu können. Die beiden lockeren Vögel hatten schnell ihr ganzes Geld versoffen, brachten den dritten um und versteckten ihn unter den drei Steinen im Wald. Nach ihrem Tod mussten sie dafür Sorge tragen, dass diese Steine immer zusammen bleiben, und sie rücken sie auch heute noch aneinander, wenn ein Unwissender sie auseinander geschoben hat.
Es mag der ausgeprägte Gerechtigkeitssinn der Vogelsberger sein, dass man diese Geschichten auch heute noch ab und an hört. So war es früher eine weit verbreitete Ansicht, eine Schuld müsse nicht nur zu Lebzeiten, sondern sogar über den Tod hinaus gesühnt werden. Die Seelen von Betrügern finden deshalb auch nach deren Ableben keine Ruhe – und die von Mördern erst recht nicht.